Geraubte Schätze – Nazi-Beutekunst heute
Auch nahezu 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zeigt sich, dass die Geschichte bei weitem nicht abgeschlossen ist. Noch heute findet sich Beutekunst in öffentlichen und privaten Kunstsammlungen, Kunstwerke, die zwischen 1933-1945 ihren meist jüdischen Besitzern entzogen wurden – der Fall Gurlitt hat sehr deutlich gemacht, dass noch großer Forschungsbedarf besteht. Begleitet werden Restitutionsfälle nicht selten von einem großen Medieninteresse, da die Öffentlichkeit an dieser Thematik sehr interessiert ist.
Bis heute wurde der NS-Kunstraub nicht vollständig aufgeklärt. Nicht nur Museen sind betroffen, auch Bibliotheken, private Sammlungen, der Kunstmarkt, Unternehmen. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit, da die Kunstwerke seit damals durch verschiedene Hände gegangen sein können.
Abhilfe schafft ein recht junger Zweig der Kunstgeschichte: die Provenienzforschung, die Erforschung der Herkunftsgeschichte von Kunstwerken. Die Kunsthistorikern Tanja Bernsau ist eine solche Kunstdetektivin. „Viele kleine Puzzlestücke braucht es, um das ganze Bild zusammenzusetzen, um beurteilen zu können, was damals passiert ist“, erklärt die Wiesbadenerin. Ihre Aufgabe ist es, anhand von Auktionskatalogen, Ankaufsbelegen oder Korrespondenzen die einzelnen Besitzübergänge zu überprüfen. „Es sind ja immer Einzelfälle, die es zu analysieren gilt – und so hangelt man sich oft wie ein Detektiv von einem Hinweis zum nächsten, um der Wahrheit näher zu kommen“.
Lange Jahre hat die Herkunftsgeschichte in Museen oder dem Kunsthandel keine große Rolle gespielt, rechtlich sind die meisten Fälle verjährt. Das moralische Unrecht, das den Geschädigten widerfahren ist, jedoch bleibt. Aber warum tauchte das Thema NS-Raub- und Beutekunst nun wieder auf, nachdem viele Jahrzehnte darüber geschwiegen wurde, wie Kunstwerke in der NS-Zeit ihren Besitzer wechselten?
Das erste Umdenken erfolgte 1998 mit der Washingtoner Erklärung, einer Selbstverpflichtung vieler Länder, ihre Museumssammlungen hinsichtlich ihrer Ewerbungsgeschichte zu überprüfen und für die Geschädigten eine faire und gerechte Lösung zu finden. Einen weiteren Anstoß für die heutige vermehrte Überprüfung der Herkunft von Kunstwerken sieht Bernsau jedoch in der verstrichenen Zeit begründet. Es war zu keiner Zeit leicht, einen Restitutionsantrag zu stellen und den Nachweis zu bringen, dass man der rechtmäßige Eigentümer ist. Häufig ist dies ein langwieriger Prozess. Die direkt Geschädigten, so sie denn die NS-Zeit überhaupt überlebt haben, hatten nach 1945 oft wenig Interesse daran, sich mit deutschen Museen und deutschen Behörden auseinanderzusetzen und ihre Ansprüche geltend zu machen.
Viele waren ausgewandert und wollten nicht mehr über die NS-Zeit sprechen. Ihre Kinder rührten ebenfalls nicht an dem wunden Punkt in der elterlichen Biografie. Erst die Enkelgeneration, nicht mehr persönlich betroffen, hat heute den ausreichenden zeitlichen und emotionalen Abstand, um sich auf ein Restitutionsverfahren einzulassen und ihr Recht zu fordern. Deshalb rechnet Bernsau auch noch mit einer Vielzahl weiterer Rückgabeanträge in den kommenden Jahren.
Quelle: openPR
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