Schweren Gewalttaten in Behörden gehen nahezu immer Warnzeichen voraus
Erstmals ist in Deutschland eine Untersuchung zu schweren Gewalttaten in Jobcentern erschienen. Ziel war es herauszufinden, ob im Vorfeld Warnsignale auftreten, welche für die Prävention solcher Taten genutzt werden können.
In der vom Institut Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt durchgeführten Studie wurden 20 Vorfälle detailliert ausgewertet, bei denen Jobcenter-Mitarbeiter von Kunden mit einer potenziell tödlichen Waffe bedroht, angegriffen oder gar getötet wurden. Dabei zeigte sich, dass eine Mehrzahl der Angriffe nicht spontan aus der Situation heraus geschah, sondern offenbar geplant wurde.
So brachten 65% der Täter die Waffe oder ein anderes Tatmittel mit zum Jobcenter. In der Hälfte der Fälle waren sogar konkrete Vorbereitungshandlungen identifizierbar, beispielsweise baute einer der Täter einen Brandsatz.
Bei mehr als zwei Drittel der Angreifer waren zudem vorab gewalthaltige Handlungen aufgetreten wie etwa Drohungen oder offenes aggressives Verhalten. Jeder dritte Täter war sogar bereits früher wegen Gewalttätigkeiten polizeilich aktenkundig oder straffällig gewesen. In weiteren 30% machten sich andere Sorgen, dass etwas Schlimmes passieren könnte. 15% der Täter sprachen vorher über Suizid. Insgesamt waren somit in 90% der Fälle markante Auffälligkeiten bei den Tätern im Vorfeld erkennbar gewesen.
In zwei Drittel der Fälle gab es Konflikte zwischen dem späteren Täter und dem Jobcenter, die oftmals finanzieller Natur waren. Außerdem traten bei der Hälfte der Täter im Vorfeld des Gewaltaktes Verlusterfahrungen auf, wie beispielsweise Trennungen.
Die Autoren der Studie sind davon überzeugt, dass ihre Ergebnisse für die Früherkennung von möglichen Risikofällen genutzt werden können. „Der Ansatz des Bedrohungsmanagements, der teilweise schon von Behörden, Universitäten und Unternehmen erfolgreich durchgeführt wird, gilt für diese Form von schwerer Gewalt international als vielversprechendste Präventionsstrategie.“, sagt Studienleiter Dr. Jens Hoffmann, der bereits derartige Programme bei Institutionen in Deutschland und der Schweiz implementiert hat. „Hierbei geht es besonders darum Mitarbeiter für Warnsignale zu sensibilisieren. Zusätzlich gilt es interne Ansprechpartner auszubilden, die sich dann in Zusammenarbeit mit der Polizei und mit anderen Fachpersonen um Risikofälle kümmern.“
Die Studie wurde vom Institut Psychologie & Bedrohungsmanagement in Kooperation mit dem Institut für Psychologie der Technischen Universität Darmstadt durchgeführt.
Quelle: Sirsch, J., Glaz-Ocik, J. & Hoffmann, J.: Schwere Gewalt in Jobcentern: Risikomerkmale & Präventionsansätze. Polizei & Wissenschaft, 3, 2014.
Quelle: openPR
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