Neues Urteil: höhere Fahrtkosten absetzbar
Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, hat der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur regelmäßigen Arbeitsstätte geändert. Die Steuerersparnisse für die betroffenen Arbeitnehmer jedoch wären enorm – wenn sie die Neuerungen kennen würden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) als oberstes deutsches Steuergericht weicht hin und wieder von seiner vorherigen Rechtsprechung ab … mal mit mehr, mal mit weniger weitreichenden Konsequenzen. Die BFH-Urteile vom 9. Juni 2011 zur „Regelmäßigen Arbeitsstätte“ zählen zu jenen Rechtssprüchen mit großen Auswirkungen für die betroffenen Arbeitnehmer – sofern die Entscheidungen bekannt wären und in der Einkommensteuererklärung auch berücksichtigt würden.
Tatsache ist: Arbeitnehmer, die an mehreren bzw. wechselnden Arbeitsorten tätig sind, können aufgrund der Urteilssprüche wesentlich höhere Fahrtkosten absetzen. Hintergrund ist die BFH-Ansicht, dass es generell nur eine oder auch keine regelmäßige Arbeitsstätte geben kann.
Besonders stark wirkt sich diese Rechtsprechung auf jene Berufsgruppen aus, die nach BFH-Auffassung nun keine regelmäßige Arbeitsstätte mehr haben. Das sind jene Arbeitnehmer, die den Betriebssitz zwar anfahren, dort aber nicht tätig werden. Wie zum Beispiel LKW-Fahrer, die nur zum Speditionsgelände fahren, um auf den LKW umzusteigen oder Bauarbeiter, die sich am Bauhof treffen und dann gemeinsam an die Baustelle fahren. Nach neuem Recht ist der Betriebssitz nun nicht mehr die regelmäßige Arbeitsstätte. Daraus ergibt sich: Die Fahrten zu diesem Betriebssitz können nach Reisekostenrecht abgesetzt werden – mit der höheren Kilometerpauschale (30 Cent pro gefahrenem Kilometer) und den Verpflegungsmehraufwendungen.
„Beim Absetzen höherer Fahrtkosten handelt es sich nicht um Peanuts“, so Christian Munzel, Vorstandsmitglied des Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland e.V. (LHRD). „Eines unserer Mitglieder, ein LKW-Fahrer, hat aufgrund der neuen Rechtsprechung eine zusätzliche Steuererstattung von 1.085,52 Euro erhalten. Er fährt täglich 56 Kilometer zum Betriebssitz und kann diese Fahrten nun als Reisekosten ansetzen.“
Zwar werden die Mitglieder des LHRD dementsprechend beraten, doch scheint die Information über die höhere Absetzbarkeit von Fahrtkosten in der breiten Öffentlichkeit noch nicht angekommen zu sein.
„Die Finanzämter wenden die BFH-Urteile mit mehr oder weniger rechtlicher Diskussion und Auseinandersetzung an. Aber davon darf man sich nicht abschrecken lassen“, so Munzel weiter. Er empfiehlt allen betroffenen Arbeitnehmern die ihnen zustehende Steuerentlastung auch in Anspruch zu nehmen.
Zu den betroffenen Berufsgruppen zählen zum Beispiel:
Baugewerbe
Bauarbeiter, Maurer, Bauhelfer, Baumaschinenfahrer
Handwerk
Dachdecker, Zimmermänner, Maler/Tapezierer, Stuckateure, Fliesenleger, Arbeiter im Innenausbau
Montage
Elektro-, Heizungs- und Sanitärmonteure, Monteure für Messeaufbau
Fahr- und Flugtätigkeit
LKW-Fahrer, Bus-/Bahnfahrer, Bahnbegleitpersonal, Schiffspersonal, Piloten, Flugbegleiter
Mobile Tätigkeiten
Mitarbeiter im mobilen Hilfsdienst, Rettungsfahrer und -sanitäter, Außendienstmitarbeiter,
Kräfte in Reinigungsunternehmen, Landschaftsgärtner, Brief- /Paketzusteller, Müllentsorgung
Quelle: openPR
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Kategorien: Recht, Urteile