Zen und Kampfkunst
Was hat Zen eigentlich mit Kampfkunst zu tun?
Wenn man die Kampfkunstmeister der westlichen Hemisphäre hört, könnte man meinen, dass Zen, also die Lehren des Zen-Buddhismus, ein essentieller Bestandteil der Kampfkünste seien.
Blicken wir zurück in die Geschichte. Als die Kampfkünste entstanden, war die Religion keinesfalls Teil der Kampfkünste. In den Kampfkünste ging es immer nur um Macht. Mit Hilfe der Kampfkünste sollten andere bezwungen und dem eigenen Willen unterworfen werden. Dies hat überhaupt nichts mit den Lehren des Zen gemein. Ganz im Gegenteil: Der Buddhismus strebt ausdrücklich ein friedvolles Miteinander an.
Als der indische Mönch Boddhidarma nach China kam, um dort die Lehren des Buddhismus zu verbreiten, musste er feststellen, dass die Mönche oft nicht in der Lage waren, seinen Vorträgen zu folgen. Um sie zu kräftigen, entwickelte er einige Übungen, die heute als die Grundlage des Shaolin-Kung-Fu angesehen werden. Keineswegs war bei diesen Übungen der Buddhismus ein wesentlicher Bestandteil der Übungen. Eher umgekehrt, denn die Übungen waren lediglich Mitel zum Zweck. Sie sollten den Mönchen zu einer besseren Konstitution verhelfen, damit sie den Lehren des Meisters aufmerksam folgen konnten.
Dennoch – und das ist nicht von der Hand zu weisen – waren einige chinesische Klöster ein Ort, an denen die Kampfkünste zu höchster Vollendung geführt wurden. Und doch war nicht jeder große Lehrer des Buddhismus auch automatisch ein Meister der Kampfkünste.
Aber auch heute noch werden die Kampfkünste in China hochgewuchtet und erfreuen sich großer Beliebtheit. Sie dienen in China ganz im Sinne Boddhidarmas in erster Linie der Gesunderhaltung.
Auch in Japan hatte der Zen-Buddhismus mit der Entwicklung der Kampfkünste recht wenig gemein. Es war Kriegshandwerk. Nicht mehr und nicht weniger, Ziel der Kampfkunst war es, den Gegner durch überlegene Kampftechniken zu töten.
Als dann später nach dem Sieg von Tokugawa Ieyasu der viele Jahrhunderte währende Bürgerkrieg beendet wurde und endlich eine Zeit des Friedens anbrach, schienen die Kampfkünste irgendwie überflüssig geworden zu sein. Auf der Suche nach einem neuen Sinn entdeckte man Gemeinsamkeiten zwischen Zen und Kampfkunst. So wurde schließlich aus dem Bujutsu (Kampftechnik) eine Kampfkunst (Budo).
Das Ziel des Buddhismus ist die Erleuchtung. Nur durch absolute Hingabe ist diese zu erlangen. Im Zen-Buddhismus kommt dabei der Meditation eine ganz entscheidende Rolle zu. Auch in der Kampfkunst ist die Perfektion das oberste Ziel. Ohne unablässiges Üben und durch dieses erworbenes tiefes Verständnis des Wesens der Techniken ist diese aber nicht zu erreichen.
Insofern ist die Übung des Zen der der Kampfkunst gleich. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in Zeiten des Friedens Ideale an die Stelle der bloßen Überlegenheit im Kampf traten. Auch weiterhin war natürlich die Perfektion der Technik wichtig, nur dass sich die Technik nicht mehr im Kampf auf Leben und Tod beweisen musste. Der Geist des Budo etablierte sich.
Weiterhin wurden aber auch aus dem Samurai-Ehrenkodex, dem Bushido, abgeleitete Prinzipien weitergegeben. Ehre, Loyalität und Pflichtgefühl sind essentielle Bestandteile. Ein wichtiger Aspekt jedoch wird gerade in der westlichen Hemisphäre bei allem Eifer gern vergessen: Der Tod.
„Den Weg des Bushido zu gehen bedeutet, den Tod zu suchen,“ heißt es in alten Schriften. So weit möchte natürlich niemand gehen.
Viel zu schön ist es doch, die Kampfkunst mit fernöstlicher Weisheit auszuschmücken und ihr so den Hauch des Geheimnisvollen zu geben.
In Wahrheit jedoch, hat Kampfkunst nichts mit Zen zu tun. Die harte Übung ist der Kampfkunst und dem Zen gemein. Letztlich gilt für beide: Der Weg ist das Ziel.
Einen wahren Meister kann nichts erschüttern. Er ruht in sich selbst. Der Zen-Meister, weil er das Wesen der Dinge, das Zusammenspiel der Kräfte und die Innersten Geheimnisse der Welt erfasst hat. Der Kampfkunst-Meister weil er sich kennt, um seine Starken und Schwächen weiß und den Gegner durchschaut. Beide haben nichts zu fürchten. Es gibt nichts, was ihnen Sorgen bereiten würde. Sie wissen: Unabänderliches kann man nicht abwenden und es ist einfacher, die Dinge so zu nehmen wie sie kommen.
Lebe jeden Tag, als ob es dein letzter wäre, damit du wenn deine letzte Stunde kommt, nichts, aber auch gar nichts bereuen musst. Das ist das Geheimnis eines Lebens in wahrer Freiheit.
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