Welcher Kampfsport ist rein verteidigend?
Welcher Kampfsport ist denn rein auf Verteidigung ausgerichtet, gibt es so was?
Zunächst einmal müssen wir unterscheiden zwischen Kampfsport und Kampfkunst.
Im Kampfsport geht es immer darum im sportlichen Vergleich Punkte zu machen. Punkte jedoch gibt es nur, wenn man entweder eine besonders gute Aktion in der Verteidigung oder im Angriff gezeigt hat. Dies bedeutet umgekehrt: Der Gegner wurde besiegt, wäre im Ernstfall also kampfunfähig.
Im Kampfsport kann es also allein deshalb schon keinen rein auf Verteidigung ausgerichteten Stil geben. Stellen wir uns doch nur einmal einen Wettkampf vor, in dem beide Kämpfer auf den Angriff des anderen warten, weil sie ja nur Verteidigungen gelernt haben. Die Vorstellung ist absurd, nicht wahr?
In der Kampfkunst ist der Sport als Wettkampf entweder völlig ausgeblendet oder spielt eine untergeordnete Rolle. Es stehen hier eher der Mensch, seine geistige Entwicklung, sein körperlicher Fortschritt im Mittelpunkt. Der Praktizierende soll Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Geduld, Ausdauer, Charakterstärke, Aufrichtigkeit und ähnliches mehr erwerben, wozu die Kampfkunst ein Mittel zum Zweck ist.
Natürlich lernt der Übende Kampftechniken.
Aikido fällt mir bei der Frage nach rein auf Verteidigung ausgerichteten Kampfkünsten als erste und einzige ein. Doch bei genauerer Betrachtung relativiert sich auch dieses Bild, denn im Aikido werden natürlich auch Angriffstechniken geübt, damit der Aikidoka umgekehrt seine Abwehrtechniken üben kann. Allerdings muss zugestanden werden, dass der schwerpunkt eindeutig auf dem Üben von Verteidigungstechniken liegt.
Dennoch, wenn wir ganz ehrlich sind, so werden wir feststellen, dass auch eine „reine“ Verteidigungstechnik im Grunde ein Angriff ist, denn in jedem Fall wird der Angriff des Gegners zerstört und das Ziel ist auch im Aikido den Angreifer außer Gefecht zu setzen.
In vielen Kampfkünsten wird mit direkter Kraft gearbeitet (harter Block gegen einen Angriff oder Fauststoß / Fußtritt gegen den Gegner), während im Aikido die Kraft des Gegners gegen ihn selbst genutzt wird.
Aber es spielt im Ergebnis eigentlich keine Rolle: Jede Verteidigung ist letztlich ein Angriff ebenso wie jeder Angriff umgekehrt auch eine Verteidigung sein kann.
Eine reinen Verteidigung ohne Gegenangriff wäre für den Ausführenden zudem extrem gefährlich, denn jeder durch Meidbewegungen neutralisierte Angriff provoziert natürlich einen neuen Angriff des Kontrahenten. Jede zusätzliche Chance die der Angreifer erhält, birgt die potentielle Gefahr, dass der Verteidigende ernsthaft verletzt wird. Im Ernstfall kann und sollte man sich aber nicht auf das Glück verlassen, sondern eine sich bietende Gelegenheit nutzen, um dem Angriff ein Ende zu setzen und die Gefahrensituation zu beenden. In diesem Sinne gilt noch immer: Die beste Verteidigung ist guter, starker Angriff.
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