Weihnachten wie es einmal war
Ältere können sich sicher noch an den Winter 1946/47 erinnern. 65 Jahre ist das jetzt her, ein ganzes Arbeitsleben. Trotzdem wird keiner, der ihn miterlebt und miterlitten hat, den so genannten Hungerwinter vergessen haben.
Der Sommer 1946 war noch trocken und heiß gewesen – leider, muss man sagen, denn dadurch fiel die Ernte noch magerer aus als befürchtet. Aber dann kam es noch viel schlimmer. Von November 1946 bis März 1947 mussten die Menschen in ganz Europa einen der kältesten Winter des 20. Jahrhunderts erleiden.
Die Temperaturen fielen bis weit unter minus 20 Grad. Die Städte waren zerbombt, und es fehlte an allem: Wohnungen, Heizmaterial, warmer Kleidung und vor allem am Essen. Allein in Deutschland sind mehrere hunderttausend Menschen an den Folgen von Kälte und Mangel umgekommen.
Und wie sah Weihnachten 1946 aus, die zweite Friedensweihnacht nach dem Kriegsende? Ich selber habe es
nicht miterlebt. Ich habe nur davon gehört und gelesen und im Fernsehen gesehen, wie es wohl war.
Trotz Hunger und Kälte scheint es doch eine große Sehnsucht unter den Menschen gegeben zu haben, wenigstens zu Weihnachten für ein paar Stunden und Tage das Elend zu vergessen. In den westlichen Sektoren gab es Sonderzuteilungen von Lebensmitteln, Süßigkeiten, Wein und Spirituosen. Es heißt, dass amerikanische und britische Soldaten sogar Weihnachtsgeschenke für deutsche Kinder gebastelt hätten.
Ein älterer Herr aus Hamburg erzählte im Fernsehen über Heiligabend 1946 Folgendes:
„Unser Vater hatte den Weihnachtsbaum selbst gemacht. In einen alten Besenstiel bohrte er Löcher und steckte in diese Löcher künstliche Zweige und Äste. Wir hatten dann noch einen alten Bestand von Lametta und Kugeln und – ich sehe das heute noch vor mir – als Spitze so einen silbernen Vogel, Marke Eigenbau. Nur ein paar Talglichter brannten am Baum.“
Und so kam es, dass selbst unter den schwierigsten Bedingungen des Hungerwinters 46 so etwas wie weihnachtliche Stimmung aufkommen konnte.
Nun, jeder wird seine ganz eigenen Erinnerungen daran haben. Und ich habe das auch nur erzählt, weil ich
damit einen Bogen zur Gegenwart spannen möchte.
Heute können wir das Weihnachtsfest natürlich ganz anders feiern als damals. Jeder hat ein warmes Zimmer,
an Heiligabend freuen wir uns über ein gemütliches Festessen, und dann gibt es natürlich Geschenke in Hülle und Fülle.
Wenn es uns und unseren Familien heute so gut geht, dann hat das auch damit zu tun, dass Sie damals selbst
in der größten Not nicht verzweifelt sind. Unsere Eltern und Großeltern haben die schweren Nachkriegsjahre überwunden und sich dann mit Fleiß und Tüchtigkeit und mit Gottvertrauen eine Existenz aufgebaut.
Dass unser Land heute so gut in der Welt dasteht, das ist auch die Lebensleistung der älteren Generation, die die Jungen übernommen, bewahrt und weiterentwickelt haben.
Und deswegen müssen wir alle, Jung und Alt, dafür sorgen, dass unser Umgang miteinander herzlich und
warm bleibt – nicht nur zu Weihnachten!
Ich wünsche uns allen frohe Weihnachten zusammen mit Ihren Familien und Freunden!
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