Schmerzensgeld bei Unfalltod?
Bei einem unverschuldeten Unfall auf der Autobahn wurde Jens sehr schwehr verletzt. Er erlitt ein Schädelhirntrauma mit Einblutung in den Hirnstamm, Contusionsbluten im rechten vorderen Bereich, einen Schädelbasisbruch, ein Hirnödem, einen Abriss des linken Sehnervs, Einblutungen in die Nasennebenhöhlen, eine Trümerfraktur des Schädeldaches, eine Verletzung am rechten Augapfel und ein Thoraxtrauma auf der rechten Seite mit einer Ansammlung von Blut im rechten Brustkorb. Jens verlor noch an der Unfallstelle das Bewusstsein und verstarb nach acht Tagen im Krankenhaus, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben.
Heike, Jens Ehefrau und Alleinerbin, verlangt vom Unfallverursacher und seiner Kraftfahr-Haftpflicht-Versicherung 15.000 EUR Schmerzensgeld. Die Versicherung des Unfallgegners lehnt die Zahlung von Schmerzensgeld jedoch mit der Begründung ab, dass Jens das Ausmaß und die Dauer seiner Verletzungen nicht erkannt und auch keine Schmerzen verspürt haben kann, weil er an der Unfallstelle das Bewusstsein verloren habe und es bis zu seinem Tode nicht wiedererlangt hat.
Heike war über die Haltung der Versicherung erbost und bat Rudi um Rat. Rudi riet Heike zur Klageerhebung, falls die KH-Versicherung bei ihrer ablehnenden Auffassung bleiben sollte, denn das Oberlandesgericht Koblenz hatte in einem Urteil vom 18.11.2002 bei einem ähnlichen Fall Schmerzensgeld zugebilligt.
Die Eltern ihres tödlich verunglückten Sohnes hatten in jenem Fall auf Zahlung von 30.000 DM Schmerzensgeld geklagt. Das Oberlandesgericht (OLG) war der Auffassung, dass die Zubilligung von Schmerzensgeld nicht stets voraussetzt, dass der Geschädigte die ihm zugefügten Verletzungen empfunden hat. Das OLG urteilte, dass die schwere Unfallverletzung mit Wahrnehmungslosigkeit zu einer Zerstörung der Persönlichkeit führte, und dass dieser immaterielle Schaden durch eine Geldent- schädigung auszugleichen ist. Der hohe Wert der Persönlichkeit und Würde des Menschen (Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes) verbietet es, die besondere Schwere der zu entschädigenden Beeinträchtigung zum Anlass zu nehmen, den Schmerzensgeldanspruch zu Gunsten des Schädigers weitgehend zu mindern oder sogar zu versagen. Beeinträchtigungen von solchem Ausmaß verlangen eine eigenständige Bewertung und verbieten eine lediglich symbolhafte Wiedergutmachung.
Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beieinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Das Gericht hielt in dem entschiedenen Fall einen Schmerzensgeldanspruch von 12.000 DM für angemessen und wies den weitergehenden Schmerzensgeldanspruch der Kläger ab (12 U 566/01).
Heike kann unter Berufung auf das vorgenannte Urteil die Auffassung der gegnerischen Kraftfahr-Haftpflicht-Versicherung, wonach Jens ein Schmerzensgeldanspruch wegen Bewusstlosigkeit vom Unfall bis zum Tode nicht zu stehen würde, widerlegen. Als Alleinerbin ist sie berechtigt und gewillt, den angemessenen Schmerzensgeldanspruch einzuklagen, falls eine außergerichtliche Einigung mit der Versicherung scheitern sollte.
(besprochen/mitgeteilt von RECHTSANWALT Bernhard LUDWIG, Bad Langensalza und Gotha)
Quelle: openPR
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Kategorien: Recht, Urteile
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