Prof. Thomas Kolb: „Wir haben keine schlechten Ärzte – die meisten Fehler liegen im System“

Family doctor on  a home visitInterview mit Prof. Dr. Thomas Kolb, Studiengangsleiter des neuen Studiengangs „Master Management im Gesundheitswesen“ an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden. Das Interview wurde geführt von Petra Lahnstein.
Vor wenigen Tagen wurde der Bericht des medizinischen Dienstes der Krankenkassen veröffentlicht. Darin steht, dass 3.700 Behandlungsfehler in 2013 durch Gutachten nachgewiesen werden konnten. Das hat bei Patienten und in den Medien für einen heftigen Wirbel gesorgt. Wie stehen Sie dazu?
KOLB: „Jeder Patient, der zu Schaden kommt, ist einer zu viel. Daran gibt es keinen Zweifel. Dennoch, wer den Bericht genauer liest, wird feststellen, dass in 2012 noch rund 200 Behandlungsfehler mehr nachgewiesen werden konnten, obwohl damals weniger Patienten einen Verdacht meldeten.“
Das heißt, dass es für Patienten keinen Grund zur Beschwerde gibt?
KOLB: „Natürlich heißt es das nicht. Selbst wenn die Zahl der Behandlungsfehler im Promillebereich liegt, möchte niemand der Patient sein, der davon betroffen ist. Ich auch nicht.
Aus meiner Sicht sollten wir aber aufhören auf einzelnen Personen herumzuhacken. Wir haben keine schlechten Ärzte – die meisten Fehler liegen im System.“
Das heißt, wenn ein Operateur das falsche Knie operiert oder ein falsches Medikament verabreicht wird, dann ist das System schuld?
KOLB: „Natürlich muss man immer den Faktor Mensch berücksichtigen. Und Menschen machen nun mal Fehler, auch Ärzte und Pflegepersonal. Tatsächlich entstehen viele Fehler aber durch Sicherheitslücken im System und haben selten etwas mit der Fähigkeit einer Person zu tun. Unser oberstes Ziel sollte es daher unbedingt sein, das System, das gesund machen soll, noch sicherer zu machen.“
Die WHO hat vor einigen Jahren eine 19-Punkte-Checkliste für mehr Patientensicherheit eingeführt. In der Checkliste steht zum Beispiel, dass der Patient vor der OP noch einmal seine Identität bestätigen soll. Dass sich das OP Team sich gegenseitig vorstellen soll und die Lokalisation des Eingriffs am Körper markiert werden sollte. Für mich klingt das nach Dingen, die ich im 21. Jahrhundert als Selbstverständlichkeit erwarten würde.
KOLB: „Ja und Nein. Natürlich sagt einem der gute Menschenverstand, dass diese Dinge im Vorfeld geklärt sein sollten, etwa dass der Operateur und die OP-Schwestern sich im richtigen OP aufhalten. In der Vergangenheit sind jedoch auch durch Verwechslungen dieser Art Fehler entstanden. Solche Checklisten wie die der WHO helfen, Fehler zu vermeiden. Und darauf kommt es letztlich an.“
Was muss aus Ihrer Sicht noch getan werden?
KOLB: „Zunächst sollte der Fokus der Fehlerdiskussion anders gesetzt werden. Noch viel zu häufig wird nur aktives Versagen diskutiert, das heißt, wenn tatsächlich eine Person einen Fehler begangen hat. Aber auch Fehlentscheidungen in höheren Stufen der Organisation dürfen nicht unterschätzt werden. Ihre Auswirkungen werden häufig erst sehr spät wahrgenommen – durch sie kann aber ein aktives Versagen entstehen.“
Was heißt das konkret und was kann man dagegen tun?
KOLB: „Diese Situation entsteht beispielsweise, wenn das Personal in einem Pflegeheim in nicht ausreichender Anzahl oder in nicht ausreichender Qualifikation vorhanden ist. Das System – man kann darüber streiten, ob das der Verantwortliche im Heim vor Ort oder sogar die Politik ist – hat entschieden, dass die Leistung mit diesem Personal zu erbringen ist. Bedingt durch die Überlast vertauscht das Pflegepersonal unter Umständen Arzneimittel oder verabreicht sie in falscher Dosierung. Aus einem Systemversagen (sogenanntem latentem Versagen) ist ein aktives Versagen geworden und die Schuldfrage hängt an einer einzelnen Person.
Wir sollten nicht länger nur fragen, wer den Fehler gemacht hat und der Person im schlimmsten Fall die Behandlungserlaubnis entziehen. Viel wichtiger ist die Antwort auf die Frage: Wie konnte es dazu kommen? Welche Abweichung in den Prozessen hat zu dem Fehler geführt? Nur so können dieselben Fehler künftig vermieden werden.“
Dann brauchen wir keine guten Ärzte, sondern gute Prozessmanager in Krankenhäusern und Praxen?
KOLB: „Natürlich brauchen wir beides, aber sie bedingen einander. Wenn die Prozesse nicht stimmen, können auch gute Ärzte Fehler machen. Wir müssen es schaffen, dass Geräte, Medikamentenverpackungen und die Prozesse so moduliert werden, dass die Fehlermöglichkeiten so gering wie möglich sind. Gleichzeitig sollten wir auch schon die sogenannten „Beinahefehler“ analysieren.
Was genau meinen Sie damit?
KOLB: „Mitarbeiter im Gesundheitswesen haben noch viel zu häufig Angst, bestraft zu werden, wenn Sie einen Fehler machen. Das ist der Grund, warum sie oft auch nicht darüber berichten, wenn sie beinahe einen Fehler gemacht hätten. Wenn also Fehler noch rechtzeitig aufgedeckt werden beziehungsweise vermieden werden konnten. Wenn zum Beispiel das OP-Team noch rechtzeitig merkt, dass das falsche Bein operiert werden sollte, die falsche Patientenakte vorlag oder das falsche Medikament verabreicht werden sollte.“
Sie führen zum Wintersemester 2014/15 den Studiengang „Management im Gesundheitswesen (Master of Arts)“ an der Hochschule RheinMain ein. Setzt der Studiengang an dieser Ausgangsituation an?
KOLB: „Im Masterstudiengang „Management im Gesundheitswesen“ lernen Fach- und Führungskräfte Prozesse zu verstehen und sie zu gestalten. Qualitätsmanagement, Patientensicherheit und Prozessmanagement spielen dabei eine wichtige Rolle. Wir haben ganz gezielt drei Module in den berufsbegleitenden Studiengang integriert, die sich diesen Themenkomplexen widmen.“
Um welche Module handelt es sich und in welchen Berufen können ihre Absolventen später arbeiten?
KOLB: „Im zweiten Semester müssen alle Studierenden die Pflichtmodule „Qualitätsmanagement und Patientensicherheit“, „Projekt- und Prozessmanagement“ sowie „Spezielle Krankheitslehre“ besuchen. Hier lernen sie wichtige Methoden und Werkzeuge im Qualitätsmanagement und klinische Risikomanagementsysteme kennen. Nach Abschluss des Studiums beherrschen sie grundlegende Methoden der Identifikation, Analyse, Bewertung und Bewältigung relevanter Risiken für die Patientensicherheit.
Als Abteilungsleiter im Krankenhaus, Geschäftsführer in Gesundheitsunternehmen oder in wichtigen Verhandlungspositionen bei Sozialleistungsträgern können die Absolventen eigenverantwortlich und zielgerechte strategische Prozesse steuern.“
Dann sorgen Ihre Absolventen in zwei bis drei Jahren für weniger Behandlungsfehler?
KOLB: „ Menschen werden immer krank und wo Menschen agieren, werden immer Fehler gemacht. Dennoch bin ich mir sicher, dass mit dem neuen Studiengang ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gegangen wird.“
Vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: openPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 3.07.2014
bisher keine Kommentare

Comments links could be nofollow free.

Produkt-Vorstellungen

Produktsuche bei Budoten

Wing Tsun Artikel bei Budoten

Kendo und Kenjutsu

 
Budoten Shinai (37 ) 115 cm
Traditionelles Kendo-Shinai aus Bambus. Kendo-Shinai aus Bambus, Griff mit weißem Leder ummantelt, incl. Tsuba.

Die gebräuchlichsten Längen sind 37, 38 und 39 Zoll, wobei die 39er Shinai gewöhnlich für den erwachsenen Mann verwendet werden.

Ein 36er Shinai ist ca. 112 cm lang.
Ein 37er Shinai ist ca. 115 cm lang.
 
DAX Sporttasche, Dax Combi Judo, schwarz
Große Judo Bestickung, Maße: ca. 60 x 35 x 25 cm Eine mittelgroße Sporttasche, die sich mit nur wenigen Handgriffen zu einem Rucksack umfunktionieren lässt. Ideal für Reisen zum Sportevent oder als Trainingstasche.

- Stabil und leicht
- Reißverschluss oben
- Ausziehbare Rucksack-Trageriemen
- Längenverstellbarer Schultergurt<...
 
This is Kendo
DVD in Englisch (ohne Englischkenntnisse leicht verständlich). Laufzeit: 100 min Auf dieser tollen DVD wird der perfekte Umgang mit dem Kendo gelehrt.

Folgender Inahlt hat die DVD:
- Geschichte über Kendo
- Richtiges Aufwärmtraining
- Richtiges anziehen des Kendo Anzuges
- Kendo Grundtechniken
- Fortgeschrittene Kendo Techniken
- Partnertraining (Sparr...
 
FujiMae Hakama
Hakama lieferbar in den Größen 150 cm - 190 cm. Auch in Zwischengrößen erhältlich, sowie in den Farben schwarz, weiß und blau. Der Hakama besteht aus 65% Polyester 35% Baumwolle.
 
Bagua Sword
DVD in Englisch ca. 50 min DShu Shan (Emei) Xiao Yao

Von Meister Helen Liang

Folgenden Inhalt hat diese tolle DVD:
- Einleitung & Geschichte über Baguazhang
- Die Bagua Schwerttechniken
u.v.m.

Die Techniken werden sehr verständlich in langsamen und schnellen Tempo gelehrt.

In englischer ...
 
Ninja Vol.4
DVD in Englisch ca. 37 min DVon Großmeister Haraunaka Hoshino

Tanto-Jutsu

Dieser Lernfilm beschäftigt sich mit dem Thema Tanto

Folgenden Inhalt hat diese tolle Lehr- DVD:
- Einleigung & Geschichte des Tanto
- Verschiedene Arten des Tanto
- Aufwärmtraining
- Dehnübungen
- Fußarbeit
-...
 
Fudoshin Shinai
Gesamtlänge: 119 cm, Material: Bambus, inklusive Tsuba Kendo-Shinai aus Bambus, Griff mit weißem Leder ummantelt, incl. Tsuba.

Die gebräuchlichsten Längen sind 37, 38 und 39 Zoll, wobei die 39er Shinai gewöhnlich für den erwachsenen Mann verwendet werden.
 
Ninja Vol.3
DVD in Englisch ca. 25 min DVon Großmeister Haraunaka Hoshino

Shuriken-Jutsu (Ninja Throwing Blades)

Dieser Lernfilm beschäftigt sich mit dem Thema Wurfsterne (Shuriken)

Folgenden Inhalt hat diese tolle Lehr- DVD:
- Einleigung & Geschichte der Wurfsterne (Shuriken)
- Verschiedene Arten von Wurfste...
 
Beginner's Kendo & Iaido Vol.2
DVD auf Englisch ca. 60 min Non Meister Jim Wilson

Jim Wilson ist ein Experte im Kendo und Iaido.

Folgenden Inahlt hat die DVD:
- Die verschiedenen Schwerttypen
- Die verschiedenen Schwerttechniken
- Partnertraining
- Kombinationen
- Schwerttechniken für Demonstrationen
u.v.m.

Alle Tech...