Mitgefilmte Hausdurchsuchung: Künstler Tom Sack erhebt Beschwerde in Straßburg

Im Jahr 2008 filmte der heute 30-jährige freischaffende bildende Künstler und ehemalige Kunsthändler Tom Sack aus Rinteln eine bei ihm wegen des Verdachts der Kunstfälschung durchgeführte Hausdurchsuchung mit einer Videokamera und veröffentlichte den Film anschließend im Internet, versehen mit kommentierenden Texteinblendungen. Damit wollte der Beschuldigte gegen die Art und Weise der Strafverfolgung protestieren. Der Film zeigt, wie unzählige Gemälde beschlagnahmt und ohne jede Schutzverpackung mit Polizeifahrzeugen abtransportiert werden. Brisant dabei: Eine richterliche Anordnung gab es nicht. Ein übereifriger Staatsanwalt handelte auf eigene Faust.
Da sie ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sahen, erstatteten die gefilmten Polizisten Strafanzeige und stellten Strafantrag gegen Tom Sack, so dass der Künstler nicht wegen Kunstfälschung, sondern wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild auf der Anklagebank Platz nehmen musste. Es folgte eine Odyssee durch die Gerichtssäle: Tom Sack wurde im März 2009 vom Amtsgericht Rinteln zunächst freigesprochen. Beamte hätten keinen Anspruch darauf, ihren Dienst völlig anonym und unerkannt zu verrichten, so die Begründung des Richters. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein, woraufhin das Landgericht Bückeburg den Freispruch etwa ein Jahr später wieder aufhob und eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen verhing. Nachdem das Oberlandesgericht Celle die Verurteilung in einer weiteren mündlichen Verhandlung bestätigt hatte (Urteil veröffentlicht in der Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht – ZUM, Jahrgang 2011, S. 341), erhob Tom Sack im September 2010 Verfassungsbeschwerde. Die Veröffentlichung seines Films sei von der Meinungsäußerungsfreiheit aus Artikel 5 des Grundgesetzes gedeckt. Ende 2011, nach über 14 Monaten, lehnte das Bundesverfassungsgericht die Annahme des Rechtsmittels jedoch ohne Begründung ab. Das ursprüngliche Strafverfahren wegen des Verdachts der Kunstfälschung wurde unterdessen eingestellt, da sich entsprechende Straftaten nicht nachweisen ließen.
Nun hat sich der Künstler an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg gewandt und eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht: Dem Recht auf freie Meinungsäußerung müsse in seinem Fall gemäß Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention und der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Vorrang vor den Persönlichkeitsrechten der Polizisten eingeräumt werden. Die Beamten seien weder als Individuen noch in ihrem Privatbereich, sondern als Vertreter der öffentlichen Gewalt bei der Amtsausübung im Rahmen eines Gesamtvorgangs dargestellt worden. An der gefilmten Durchsuchungs- und Beschlagnahmeaktion habe es ein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben. Es sei in dem Film weitestgehend berechtigte Kritik an den Ermittlungshandlungen geübt worden, die der Staat hinzunehmen habe. Der begründungslose Beschluss des Bundesverfassungsgericht über die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde verletze überdies das Recht auf ein faires Verfahren. Jede gerichtliche Entscheidung müsse begründet werden.
Der Fall Sack ./. Deutschland ist in Straßburg unter dem Aktenzeichen 27858/12 anhängig. Die Beschwerdeschrift ist über die Website tomsack.com abrufbar.
Quelle: OpenPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 30.11.2012
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