Missbrauch humanitärer Hilfe: „Die Menschen sind vielleicht arm, aber nicht blöd“
Im Interview mit dem Wirtschaftsmagazin „enorm“ erläutert die Journalistin Linda Polman, wie humanitäre Hilfe Kriege mitfinanziert
Weihnachtszeit ist Spendenzeit. Auch dieses Jahr werden die Deutschen wieder Millionen von Euros an humanitäre Hilfsorganisationen geben. Doch die niederländische Journalistin Linda Polman beleuchtet einen kritischen Aspekt dieser Spendenbereitschaft.
Im Interview fordert sie ein Umdenken bei den Organisationen, weil Jahr für Jahr Millionen von Hilfsgeldern die Opfer nicht erreichen und stattdessen Kriege mitfinanzieren: „Hilfsgelder werden allzu oft von Rebellen und Militärregimes für ihre Zwecke manipuliert.“ Beispiele für diesen Missbrauch gebe es genug. „In Somalia landete mehr als die Hälfte der Nahrungsmittelhilfe in den Taschen der Warlords und ihrer Geschäftspartner“, erklärt die niederländische Journalistin: „Mehr als 200 Millionen Dollar pro Jahr verschwanden.“
Laut Polman verhinderten internationale Hilfsgelder auch ein schnelles Ende des Krieges in Ruanda. Die Täter seien nach dem Massaker in die Lager der internationalen Hilfsorganisationen geflohen, regierten dort die Camps und kassierten eine „Art Steuer von den Mitarbeitern der Organisationen. Von den Geldern kauften sie unter anderem Waffen. Die Spenden finanzierten also den Krieg“, sagt die Journalistin in „enorm“: „Das Wissen, wie die Hilfsindustrie arbeitet, ist weit verbreitet. Die Empfänger lernen daraus. Die Menschen sind vielleicht arm, aber sie sind nicht blöd.“
Die Mitarbeiter der NGOs tragen nach Ansicht der Journalistin eine Mitschuld an diesem Missbrauch. „Viele beginnen ihre Arbeit mit großem Enthusiasmus. Innerhalb kurzer Zeit merken sie aber, dass sie nur kleine Bauern auf einem gigantischen Schachbrett sind. Also kündigen sie oder versuchen, innerhalb der Hilfswelt Karriere zu machen.“ Hilfsarbeiter, die sich Erste-Klasse-Flüge gönnen, sind laut Polman keine Einzelfälle.
Trotzdem sei es nicht ihre Absicht, Menschen vom Spenden abzuhalten. Die Hilfsorganisationen müssten jedoch lernen, stärker im Interesse der Opfer zu handeln. Seit mehr als 20 Jahren berichtet Linda Polman aus Krisen- und Kriegsregionen. 1999 begann die niederländische Journalistin, sich auf die Arbeit der internationalen Hilfsorganisationen zu konzentrieren. In ihrem eben erschienen Buch „Die Mitleidsindustrie“ schildert sie die Mechanismen der humanitären Hilfe.
Quelle: openPR
geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 17.11.2011bisher keine Kommentare
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