Japanischer als die Japaner

Bei einem meiner letzten Besuche in Japan kamen wir auch auf das Thema „Dojo“ zu sprechen. Wie sieht ein Dojo hierzulande aus? Was unterscheidet es von einem japanischen Dojo?
Besonders brennend interessierte meinen Gesprächspartner die Frage, ob denn in einem deutschen Dojo auch ein Schrein stehe …

In der Tat – er machte mich da auf ein kleines um nicht zu sagen größeres Kulturproblem aufmerksam. Es gibt in meinem Dojo natürlich keinen Shinto-Schrein. Allerdings kenne auch ich Dojos in denen ganz selbstverständlich ein Shinto-Schrein steht. Doch warum eigentlich?
Der Shinto-Glaube ist die in Japan beheimatete Religion, die sonst nirgendwo auf der Welt verbreitet ist. Im Shintoismus herrscht der Glaube, dass in allem und überall eine Gottheit wohnt. Damit natürlich auch im Haus oder in einem Dojo. Um dem Hausgott einen speziellen Wohnort zu geben, wird an einem besonderen Ort ein kleiner Schrein aufgestellt. Insofern ist dieser Schrein durchaus mit den auch bei uns einst weit verbreiteten Hausaltären vergleichbar.
Interessanterweise gibt es allerdings auch nicht zwangsläufig in jedem japanischen Haus einen Shinto-Schrein. Viele – im besonderen junge – Japaner stehen der Religion recht gleichgültig gegenüber. Dann gibt es die strengen Buddhisten aber auch Christen, die aus konfessionellen Gründen ebenfalls keinen Shinto-Schrein im Haus aufstellen. Am häufigsten ist allerdings eine friedliche Koexistenz von Shinto und Buddhismus anzutreffen. So finden sich in vielen japanischen Häusern sowohl der obligatorische buddhistische Altar für die verstorbenen Angehörigen als auch ein kleiner Shinto-Schrein für den Hausgott.
Soweit so gut. Was hat aber nun ein Shinto-Schrein in einem japanischen Dojo verloren? Auch ein Dojo ist ein Haus und hat insofern einen Hausgott, dem der Schrein als Wohnung dient. Außerdem dürften viele im Dojo trainierenden Schüler auch dem Shintoismus angehören bzw. diesen zumindest nicht grundsätzlich ablehnen. Es liegt also durchaus nahe, dass deshalb in japanischen Dojos auch ein Schrein zu finden ist.
Dieses vorausgeschickt stellt sich die Frage, was ein Shinto-Schrein in einem deutschen Dojo verloren hat. Japaner schütteln über so etwas nur den Kopf. Ein Schrein in einem deutschen Dojo ist für Japaner ebenso unverständlich wie für uns Japaner, die in Japan in bayrischer Tracht mit Lederhosen und Dirndl herumlaufen.
Ich kenne keinen deutschen Kampfsportlehrer der ernsthaft behauptet, der Shinto-Religion zu folgen oder der glaubt, dass in seinem Dojo ein Hausgott wohne. Warum dann also ein Shinto-Schrein? Nur weil das in Japan auch so ist und irgendwie schön aussieht? Wir Europäer sollten nicht versuchen japanischer als die Japaner zu sein.
Niemand stellt sich einen Hausaltar in die Wohnung nur weil er schön aussieht. Mit einem Altar oder Schrein verbindet der Besitzer in der Regel mehr als nur Äußerlichkeiten. Dies sollte beachtet und respektiert werden.
Dass ein Dojo einen besonderen Platz haben muss (Shomen, Kamiza) sollte sich von selbst verstehen. Dort hängen für gewöhnlich die Dojo-kun, ein Bildnis des Gründers oder Meisters der Stilrichtung oder Kampfkunst oder auch einfach nur eine Fahne …

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 16.12.2012
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