Die mit den Toten sprechen

„Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Mir passiert das auch manchmal. Da stehe ich am Grab meiner Eltern, und auf einmal höre ich mich selbst sprechen.“ Diese Erfahrung von Kirchenrat Waldemar Pisarski* spiegelt ein Grundbedürfnis vieler Angehöriger wider: Trauernde Menschen brauchen das Grab als konkreten Ort, an dem sie mit dem Verstorbenen „sprechen“ können. Dieses Anliegen wird vor allem an persönlichen Gedenktagen und an Feiertagen wie Weihnachten verstärkt sichtbar.

Der Gang auf den Friedhof und das Gespräch am Grab haben eine oft unterschätzte therapeutische Funktion und sind ein wichtiger Teil der aktiven Trauerarbeit und des Umgangs mit dem schmerzhaften Verlust eines geliebten Menschen. „Ich möchte meinen ‚Grabgesprächen’ das Leichte und Anmutige lassen. Es ist die Sprache des Herzens. Diese Sprache hat ihr Recht und ihre Zeit, und ich will sie nicht mit Überlegungen zudecken, die vom Kopf her kommen“, so beschreibt es der evangelische Seelsorger Waldemar Pisarski*. „Der Gang auf den Friedhof und wieder nach Hause gehört zu den wichtigen ‚Trauerwegen’, die beschritten werden müssen, um mit dem Verlust leben zu lernen“, stellt die Theologin Martina Görke-Sauer** fest.
Und auch die nonverbale Kommunikation am Grab kennt viele Ausdrucksformen. Über das Gespräch hinaus „können die Angehörigen ihre Zuneigung in kleinen Gesten ausdrücken: in der Pflege des Grabes, beim Anzünden eines Lichtes oder dem Niederlegen einer Blume“, rät Autorin und Theologin Görke-Sauer in ihrem Buch über Abschiedsrituale** den Hinterbliebenen. Das setzt allerdings auch ein individuelles Grab voraus, zu dem der Trauernde gehen kann. Görke-Sauer schreibt dem Gang zum Friedhof auch eine soziale Funktion zu: „Am Grab wird das innere Gespräch mit dem Verstorbenen häufig zu einem Gespräch mit anderen Friedhofsbesuchern, die hier ihrerseits mit ihren Verstorbenen sprechen und deren Gräber pflegen.“
Für Andreas Mäsing, Vorsitzender des Vereins zur Förderung der deutschen Friedhofskultur e. V. (VFFK), ist der Friedhof darum auch viel mehr als ein Bestattungsplatz: „Er ist ein Ort für die Lebenden, an dem sie ihren Gefühlen und Gedanken Ausdruck verleihen und oft auch neue Hoffnung schöpfen können.
Wie stark das Bedürfnis der Menschen nach einem konkreten Ort der Trauer sei, zeige sich gerade dort, wo er fehlt, etwa bei anonymen Gräbern, wie Andreas Mäsing schon oft beobachtet hat: „Die Angehörigen schreiten – oft erfolglos – das anonyme Rasenfeld ab, um abzuwägen, wo der Verstorbene liegt. Und viele stellen Blumen, Figuren und Schalen auf den Rasen, obwohl dies nicht vorgesehen ist.“ Das Abräumen dieser Objekte durch die Friedhofsverwaltung führt regelmäßig zu Diskussionen bis hin zum Streit. Eine Situation, die für alle Beteiligten unangenehm ist und teils im Wunsch einer Umbettung endet. Viele Angehörige wünschen sich in dieser Situation, dass sie mit dem Verstorbenen zu Lebzeiten eine andere Lösung gesucht hätten.
Weitere Informationen finden Interessierte auf der VFFK Internetseite unter www.vffk.de. Dort gibt es auch diverse Themenblätter zum Download, etwa zum Thema: „Friedhöfe: Orte der Ruhe – Orte der Heilung, Die Seele zur Ruhe kommen lassen.“
Quelle: openPR

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 18.01.2012
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