Die Abmahnwelle rollt, der Widerstand formiert sich

Es tauchen immer mehr Abmahnfälle auf. Damit ist auch immer mehr die Möglichkeit gegeben, die einzelnen Fälle zu vergleichen und es tun sich erstaunliche Parallelen auf.

Mit Ausnahme der Anschriften und der Links zum Amazon-Partnershop sind alle Schreiben identisch. Sogar das Aktenzeichen! Der abmahnende Rechtsanwalt Jens Hänsch aus Dresden hat sich hier noch nicht einmal die Mühe gemacht, wenigstens fortlaufende Nummern zu vergeben. Nein! – Alle Abmahnfälle und wie sich zwischenzeitlich herausstellte hat es bundesweit Amazon-Händler getroffen – sind inhaltlich völlig identisch. Ein Serienbrief also.

Alle Abmahnungen sind auf dem 14.5.2008 datiert. Nachweislich wurden viele Abmahnungen erst sehr spät zur Post gegeben. Die Mehrzahl der Abmahnungen ging erst diese Woche bei den Betroffenen ein, wobei bis zum 28.5.2008 (heute) die Abgabe der Unterlassungserklärung und die Zahlung der Abmahnpauschale gefordert wurde.,?Die an Budoten gerichtete,?Abmahnung wurde, so wie auch die Abmahnungen anderer Betroffener, erst am 22.5.2008 zur Post gegeben (Datum Poststempel).

Kalkül? Der Abmahner konnte so auf jeden Fall sicher sein, dass zwischen Eingang der Abmahnung und Fristablauf nur sehr wenig Zeit verbleiben würde. Spekulierte man evtl. darauf, dass damit die Betroffenen den Weg zum Anwalt erst gar nicht antreten würden aus Furcht, die Frist vertreichen zu lassen?

In jedem Abmahn-Schreiben wird auch der Ort 01796 Stuppen erwähnt, wo der Verein angeblich seinen Sitz haben soll. Einen Ort Stuppen gibt es aber gar nicht. Wohl aber einen Ort Struppen. Auf Nachfrage teilte das Vereinsregister in Pirna mit, dass der Verein in der Robert-Werl-Straße 32, in 01796 Struppen, OT Naundorf ansässig sei. Die Vereinsanschrift ist zugleich auch die Wohnanschrift des Vereinsvorsitzenden Rene Schmidt.

Der Verein selbst ist noch recht jung. Am 8. November 2007 wurde die Satzung errichtet. Eingetragen wurde der Verein erst am 20.2.2008. Zu diesem Zeitpunkt führte er noch den Namen „VerbraucherschutzNet e.V.“ Kurze Zeit später, am 22.4.2008 wurde der Verein umbenannt in „Online-Fair-Trade e.V.“

Der abmahnende Anwalt hat offenkundig neben seinem erfüllendem Berufsleben als Rechtsanwalt noch andere Interessengebiete, denen er ebenso eifrig nachgeht wie der Juristerei. So ist er als Mediator tätig und übernimmt sogar Webdesign-Arbeiten, von deren Qualität sich der geneigte Interessent gern selbst überzeugen kann:

Webseite des Rechtsanwalts Jens Hänsch, Dresden
Ausgenommen das Strafrecht,?und Verkehrsrecht bietet RA Hänsch nahezu das komplette Portfolio, was man sich so wünschen kann…

Webseite des Webdesigners, Mediators und Rechtsanwalts Jens Hänsch, Dresden
Webdesign, Hosting, Betreuung der Webseiten. Ein Rundum-Paket. Die Referenzen sind einen Blick wert, denn so kauft man die Katze nicht im Sack. Auf selbiger Seite stellt sich Rechtsanwalt Jens Hänsch auch persönlich vor.

Webseite des AnwaltMediators (DAA) Rechtsanwalt Jens Hänsch, Dresden

Herr RA Hänsch hat erstaunlich viele Betätigungsfelder. Ich muss ehrlich gestehen, ich beneide ihn nicht um die viele Arbeit, die er hat, zumal seine Kanzlei allem Anschein nach nicht zu den größten gehört und er wahrscheinlich mit seiner Kanzleivorsteherin allein gegen die Papierberge ankämpfen muss, die jetzt allein durch die unlängst,?verschickten Abmahnungen bei ihm eingehen werden.

Doch das größte Problem wird sein: Wie die ganzen Schreiben dem richtigen Fall zuordnen? Hat doch jede bisher bekannt gewordene Abmahnung das gleiche Aktenzeichen … Das bedeutet zusätzliche Arbeit.

Ich telefonierte nachdem die Abmahnung bei uns einging kurz mit RA Hänsch, um etwas über die Hintergründe der Abmahnung in Erfahrung zu bringen. Eigentlich wollte ich ihn auf die Besonderheiten von Amazon aufmerksam machen und darauf hinweisen, dass bei Amazon nicht ohne weiteres die gleichen Regeln wie für Ebay gelten – aber das wollte Herr Hänsch gar nicht hören. Merklich gereizt kamen seine Antworten. Er beharrte auf seiner Ansicht, dass die zu Ebay ergangenen Urteile 1:1 auf Amazon übertragbar seien. Wenn wir die geforderte Unterlassungserklärung nicht abgäben, würde er eben den Rechtsweg beschreiten. Immerhin,?ließen die Reaktionen von RA Hänsch meine Vermutung zur Gewissheit werden: Es gab nicht nur eine Abmahnung, sondern offenbar eine ganze Serie …. Dies bestätigte sich dann im Laufe des folgenden Tages, als sich weitere Betroffene meldeten.

Trotzdem bleiben mir einige Dinge,?unklar:

Warum finden sich immer noch seriöse Anwälte, die bei Serien-Abmahnungen mitspielen?

Warum lässt der Verein über einen Anwalt abmahnen und tut dies nicht selbst?,?Eigentlich müsste er doch über ausreichend qualifizierte eigene Leute verfügen.

Warum werden nur rund 190 Euro inkl. 7% Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt? Bei dem zu erwartenden Arbeitsaufwand kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Anwalt für so wenig Geld tätig wird, zumal sonst ganz andere Beträge fällig würden.

Ich hoffe, dass wir bald Antworten auf diese Fragen finden werden. In einem Punkt hat sich der Verein allerdings wahrscheinlich schon eine Finanzierungsquelle über den Staat erschlossen – nämlich über die Umsatzsteuer. Bekanntlich müssen gemeinnützige Vereine nur 7% Mehrwertsteuer zahlen, während die Vorsteuern in voller Höhe geltend gemacht werden können.

Gesetzt den Fall, der Anwalt berechnet dem Verein netto tatsächlich nur 176,64 Euro, so erhält der Verein je Abmahnung von Vater Staat 21,20 Euro (Umsatzsteuer aus Abmahnung: 12,36 Euro,?./. Vorsteuer der Rechnung des Anwalts: 33,56 Euro). In gewisser Weise auch ein Finanzierungsmodell, dass alle braven Steuerzahler mittragen und damit sogar noch das Abmahn-Unwesen unterstützen. Ich denke, das geht zu weit und gehört unterbunden!

geschrieben von: Neues Unterhaltsames Interessantes von Budoten am: 29.05.2008
bisher keine Kommentare

Comments links could be nofollow free.

Produkt-Vorstellungen

Produktsuche bei Budoten

Alles für den Boxsport