Das große Schweigen: HIV und Beruf
Kann ein Mensch, der das HI-Virus in sich trägt, Koch sein oder im Krankenhaus als Pfleger arbeiten? Die Diagnose „HIV-positiv“ löst oft Existenzängste aus. Nicht nur wegen der Angst, an AIDS zu erkranken, sondern auch aus Angst, seinen Job zu verlieren, wenn die HIV-Infektion bekannt wird. Die meisten schweigen darum.
Es sind 78.000 Menschen in Deutschland, so schätzt das Robert-Koch-Institut, die „HIV-positiv“ sind. Sie sind unheilbar krank und Träger eines Virus, das unbehandelt zum Tode führen kann. Dennoch arbeiten zwei Drittel der HIV-Infizierten. Sie arbeiten in fast allen Berufen: in Verwaltungen, Schulen, Krankenhäusern, Restaurants oder Banken.
Dank höchst wirksamer Medikamente ist die Ansteckungsgefahr für andere äußerst gering. Durch sie kann die Viruslast eines Erkrankten unter die Nachweisgrenze gesenkt werden. Wer sich mit der Diagnose HIV-positiv nicht outen will, der muss das nicht. Das zählt in Deutschland zu seinem rechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht. Nur zwei Ausnahmen gibt es: Kommt es durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit zur Infektion, ist diese zu melden. Das regelt die gesetzliche Unfallversicherung.
Selbst im Vorstellungsgespräch darf ein potentieller Arbeitgeber nicht nach einer HIV-Infektion fragen, denn diese Frage greift unzumutbar ins Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen ein. Auch die Zustimmung zu einem HIV-Test ist freiwillig.
Vorausgesetzt die Therapie schlägt an, sind Betroffene durch ihre HIV-Infektion quasi nicht beeinträchtigt. Sie sind nicht häufiger krank geschrieben als nicht infizierte Kollegen. Die HIV-Infektion zählt als normale chronische Krankheit, ebenso wie eine Schilddrüsenfehlfunktion oder Bluthochdruck, über die Arbeitgeber in der Regel ebenso wenig informiert sind. Und das hat seine guten Gründe:
HIV-positiv zu sein, heißt heute dank der guten medikamentösen Therapieoption nicht zwangsläufig, ansteckend zu sein. Außerdem überleben HI-Viren in Kontakt mit Sauerstoff nicht lange. „Grundsätzlich stellen Menschen mit einer HIV-Infektion – gleich ob behandelt oder unbehandelt – im beruflichen Alltag keine Infektionsgefahr dar, auch nicht bei der Kinderbetreuung oder im Zusammenhang mit der Verarbeitung, Zubereitung oder Darreichung von Lebensmitteln“, so stellt auch das Deutsche Ärzteblatt heraus. Eine der wenigen Einschränkungen besteht bei einer Tätigkeit als operierender Arzt.
Was sich so lapidar liest, ist für Betroffene häufig mit vielen Problemen verbunden. Das ist bei Manny so, er ist einer der Kampagnen-Köpfe der AIDS-Hilfe Düsseldorf. Er arbeitete als Altenpfleger in einem Wohnheim für Senioren, als er von seiner HIV-Infektion erfuhr. Er war erst 23 Jahre alt und hatte nach der Diagnose selbst furchtbare Angst vor einem Ausbruch von AIDS. Denn 1991, als er seine Diagnose erhielt, sahen die Zukunftsprognosen wegen nicht existierender Medikamente schlecht aus. Als Manny endlich therapiert werden konnte, belastete ihn die Einnahme der Medikamente, die er in immer gleichen Zeitfenstern einnehmen muss und starke Nebenwirkungen aufweisen, sehr.
Manny ist ein Beispiel dafür, wie schwer es auch ohne böse Kommentare der Kollegen ist, mit HIV zu arbeiten. Nach einem Zusammenbruch outete er sich. Dass seine Kollegen mit seiner Infektion umgehen können, ist nicht selbstverständlich. Viele HIV-Positive werden von ihren Kollegen geschnitten oder fertig gemacht.
Quelle: openPR
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