Betriebskostenachzahlung nur von einem Mieter?
Die Eheleute Magda und Erich sind beide Mieter der von ihnen seit fast zehn Jahren bewohnten Wohnung. Der neue Vermieter hat die aktuelle Nebenkostenabrechnung jedoch nur an Magda adressiert und nur ihr zugeschickt. Er fordert, dass Magda 254 EUR Betriebskosten nachzahlten solle. Hauptsächliche handelt es sich bei der Nachforderung um Heizkosten.
Marga lehnt die Nachzahlung ab, weil laut Mietvertrag sie und ihr Ehemann gemeinsam Mieter der Wohnung sind. Marga ist der Ansicht, dass die an sie allein adressierte Nebenkostenabrechnung und die gegen sie allein erhobene Nachforderung des Vermieters unwirksam ist. Die Abrechnung hätte der Vermieter ihnen beiden gegenüber vornehmen müssen.
Nachdem der Vermieter Marga mit Zahlungsklage drohte, bat Marga Rudi um Rat.
Rudi fand heraus, dass zu dieser Problematik die Gerichte unterschiedliche Rechtsauffassungen hatten, ehe der Bundesgerichtshof (BGH) letztendlich richtungsweisend entschied. In einem ähnlichen Fall hat das Amtsgericht Pankow/Weißensee zunächst am 6. Mai 2008 zu Gunsten des Vermieters geurteilt. Das Landgericht Berlin hingegen entschied in zweiter Instanz mit Urteil vom 16. Juni 2009 im wesentlichen für die Mieterin. Der Bundesgerichtshof entschied schließlich im Revisionsverfahren mit Urteil vom 28. April 2010, dass der Vermieter nicht gehindert ist, die nach § 556 Abs. 3 BGB geschuldete Abrechnung der Betriebskosten, nur einem Mieter gegenüber zu erteilen und lediglich diesen auf Ausgleich des Nachzahlungsbetrags in Anspruch zu nehmen. Denn, wenn mehrere Personen eine Wohnung anmieten, haften sie grundsätzlich für die Mietforderungen einschließlich der Nebenkosten als Gesamtschuldner. Der Vermieter kann nach Belieben jeden Schuldner ganz oder teilweise in Anspruch nehmen. Dieses Recht steht ihm nach § 421 Satz 1 BGB zu.
Laut BGH wird mit der Abrechnung an den Mieter die Fälligkeit des sich aus der Abrechnung ergebenden Saldos bewirkt. Diese Fälligstellung ist laut BGH kein Umstand, der einheitlich gegenüber allen Gesamtschuldnern (hier: Mietern) erfolgen muss.
Rudi riet Marga deshalb, es nicht auf eine Klage ihres Vermieter ankommen zu lassen. Der Gläubiger (Vermieter) kann sich einen von mehren Schuldnern (Mietern) heraussuchen und von diesem die Begleichung der gesamten Forderung verlangen. Das wird in der Regel der Schuldner sein, der dem Gläubiger am leistungsstärksten erscheint. Die Gesamtschuldner bzw. mehrere Mieter einer Wohnung müssen den Ausgleich untereinander selbst herbeiführen.
(besprochen/mitgeteilt von Rechtsanwalt Bernhard LUDWIG, Bad Langensalza und Gotha)
Quelle: openPR
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Kategorien: Recht, Urteile
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